Porsche nimmt in Sachen Elektromobilität weiter Fahrt auf. Dank einer klar definierten Roadmap soll 2025 bereits mehr als die Hälfte aller neu verkauften Porsche elektrifiziert sein – vollelektrisch oder als Plug-in-Hybrid. Im Jahr 2030 strebt der Stuttgarter Sportwagenhersteller bei seinen Neuauslieferungen dann einen vollelektrischen Anteil von mehr als 80 Prozent an. Um diese Ambition erreichen zu können, setzt das Unternehmen unter anderem auf die Premium Platform Electric (PPE). Diese Plattform soll Porsche die Chance eröffnen, volumenstarke Modelle mit hohem technischen Anspruch wirtschaftlich rentabel auf den Markt zu bringen und damit einen weiteren, wichtigen Teil des Portfolios zu elektrifizieren.
Mit der PPE haben Porsche und Audi gemeinsam eine Architektur für vollelektrische Fahrzeuge entwickelt. Mit dieser lassen sich die Vorteile einer reinen Elektroplattform in vielerlei Hinsicht nutzen – so zum Beispiel bei Package und Raumangebot. Gleichzeitig bietet die Architektur bei Radstand, Spurweite und Bodenfreiheit so viel Spielraum, dass unterschiedliche Modelle darauf realisiert werden können – auch in verschiedenen Segmenten. Zugleich erlaubt diese Flexibilität, dass Porsche-Modelle weiterhin ihren starken, eigenständigen Charakter haben.
Erster Porsche auf Basis der PPE wird der vollelektrische Macan sein. Mit seiner 800-Volt-Architektur, leistungsstarken Elektromotoren der neuesten Generation und einem modernen Batterie- und Lademanagement bietet dieses Modell die für Porsche typische E-Performance. Der Nachfolger des erfolgreichen Kompakt-SUV soll das sportlichste Modell in seinem Segment werden. Neben reproduzierbaren Best-in-Class-Fahrleistungswerten gehören eine langstreckentaugliche Reichweite und hochleistungsfähiges Schnellladen zu den Entwicklungszielen.
Für ein sportlich-dynamisches Fahrgefühl setzen die Entwickler in den Top-Versionen auf eine elektronisch geregelte Quersperre und den sogenannten Performance-Hinterwagen. Hinzu kommt eine leistungsstarke E-Maschine, die hinter der Hinterachse platziert ist. Sie ermöglicht eine heckdominante Allrad-Applikation über ein breites Spektrum hinweg. Zudem fördert sie in Verbindung mit der dynamischen Momentenverteilung des Allradantriebs eine hohe Agilität beim Herausbeschleunigen aus Kurven.
Antrieb: bis zu rund 450 kW Systemleistung und über 1.000 Nm Drehmoment
Die PPE erlaubt ein breites Modellangebot mit Heck- und Allradantrieb und verschiedenen Leistungsstufen. Die Systemleistung soll zunächst einmal bis zu rund 450 kW betragen, das maximale Drehmoment über 1.000 Nm.
Wie beim Taycan setzt Porsche bei der nächsten Macan-Generation auf die 800-Volt-Technologie. Diese sorgt für eine hohe Dauerleistung, reduziert die Ladedauer deutlich und verringert das Gewicht sowie den benötigten Bauraum der Hochvolt-Verkabelung. Eine weitere Parallele stellen die von Porsche verwendeten Permanenterregten Synchron-Elektromaschinen (PSM) mit Hairpin-Wicklung dar. Bei dieser Konstruktion ist der Rotor des Wechselstrommotors mit Permanentmagneten bestückt. Sie erzeugen ein ständiges Magnetfeld im Motor. Im Vergleich zu Asynchronmotoren (ASM) bieten PSM höhere Leistungs- und Drehmomentdichten, einen höheren Wirkungsgrad sowie eine bessere Reproduzierbarkeit der Leistungsabgabe.
Beim vollelektrischen Macan sollen ausschließlich PSM der neuesten Generation zum Einsatz kommen. Zur Maximierung der Leistungsdichte wurde die Wassermantelkühlung im Vergleich zum Taycan optimiert. Weitere umfangreiche Optimierungen bei den PSM betreffen beispielsweise den sogenannten Doppel-V-Blechschnitt, also die Anordnung der Magnete innerhalb der Rotoren.
Einen großen Schritt hat die Entwicklung der Leistungselektronik gemacht: Zur Optimierung des Wirkungsgrads kommt als Halbleitermaterial im Pulswechselrichter (PWR) an der Hinterachse Siliziumkarbid (SiC) statt Silizium zum Einsatz. Dies reduziert die Schaltverluste im PWR erheblich und macht höhere Schaltfrequenzen möglich.
Batterie: In weniger als 25 Minuten von fünf auf 80 Prozent Ladestand
Sämtliche Elektro-Macan tragen im Unterboden eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Gesamtkapazität von rund 100 kWh. Diese Dimensionierung entspricht der Porsche-Philosophie. Im Spannungsfeld zwischen Reichweite, Performance und Nachhaltigkeit fokussiert sich das Unternehmen auf die Reisedauer. Eine leistungsfähige Batterie- und Ladetechnik ist hier der entscheidende Schlüssel.
Der Akku im künftigen vollelektrischen Kompakt-SUV von Porsche besteht aus zwölf Modulen mit prismatischen Zellen. Das Mischungsverhältnis von Nickel, Kobalt und Mangan beträgt 8:1:1. Dabei erreicht die Batterie eine hohe Energiedichte. Dank 800-Volt-Technik soll die erste PPE-Modellreihe von Porsche mit einer noch höheren Ladeleistung als den 270 kW des Taycan aufgeladen werden können. An entsprechend leistungsfähigen Schnellladestation lässt sich der Ladestand der Batterie so in weniger als 25 Minuten von fünf auf 80 Prozent erhöhen.
Wenn die Säule mit 400-Volt-Technik arbeitet, wird beim vollelektrischen Macan erstmals das sogenannte Bank-Laden genutzt, indem vor dem eigentlichen Ladevorgang automatisch entsprechende Hochvolt-Schalter (Schütze) im Akku umgelegt werden. Dadurch wird die 800-Volt-Batterie praktisch in zwei Batterien mit je 400 Volt Nennspannung geteilt, die an einer 400-Volt-Ladesäule ohne zusätzlichen HV-Booster parallel geladen werden können. Beide Batteriehälften werden gegebenenfalls erst im Ladezustand angeglichen und dann gemeinsam geladen.
Beim Packaging der Elektronikkomponenten gibt es eine Innovation: Porsche hat die sogenannte Integrated Power Box zum Patent angemeldet, die neben der notwendigen Verkabelung und dem Gewicht auch die Kosten reduziert. Platzsparend vereint sie gleich drei Bauteile – den Onboard-AC-Lader, den Hochvolt-Heizer sowie den DC/DC-Wandler.
Noch bevor die ersten Macan-Prototypen aufgebaut waren, wurde das gesamte elektrische Antriebssystem, inklusive der realen Batterie, auf dem sogenannten Hochvolt-Verbundprüfstand umfangreich getestet. Dieser Prüfstand befindet sich im Antriebsprüfgebäude im Entwicklungszentrum Weissach, das im Sommer 2019 eröffnet wurde. Dort lassen sich auch Ladestrategien und -technologien für unterschiedliche Märkte erproben.
Fahrwerk: markentypische Fahrdynamik und charakteristisches Lenkgefühl
Porsche bleibt Porsche. Das gilt bei den künftigen PPE-Modellen neben der Performance auch für ihren Anspruch an die Fahrdynamik. Beim zukünftigen Kompakt-SUV verwendet Porsche je nach Modell einen sogenannten Performance-Hinterwagen. Der Elektromotor ist dabei besonders weit hinten positioniert. Das sorgt für eine leicht heckbetonte Gewichts-Balance im Verhältnis 48 zu 52 Prozent. In Verbindung mit der dynamischen Momentenverteilung des Allradantriebs sowie der Hinterachslenkung stellen die leistungsstarken E-Motoren an der Hinterachse die Agilität beim Herausbeschleunigen aus der Kurve sicher.
Vorne wird der vollelektrische Macan eine komplett überarbeitete Doppelquerlenker-Achse mit aufgelösten Lenkerebenen tragen. Durch ihre Kinematik und Elastokinematik ermöglicht sie Verbesserungen in Ansprechverhalten, Lenkpräzision und Geradeauslauf. Die Mehrlenkerachse hinten ist über einen elastisch gelagerten Fahrschemel mit der Karosserie verbunden, während das hintere E-Antriebsaggregat über vier Punkte direkt am Aufbau befestigt ist – eine Besonderheit des Performance-Hinterwagens. Davon profitieren die Fahrdynamik mit präziser Radführung und hoher Quersteifigkeit sowie das NVH-Verhalten (NVH = Noise, Vibration, Harshness).
Die Top-Versionen werden serienmäßig über Porsche Torque Vectoring Plus verfügen, also über eine elektronisch geregelte Quersperre an der Hinterachse. Ihre Regelstrategie ist abhängig von der jeweiligen Fahrsituation und sorgt für mehr Traktion, Fahrstabilität und Querdynamik. Einlenkverhalten und Lenkpräzision werden durch fahrdynamische Bremseingriffe an der Hinterachse gezielt unterstützt.
Das Porsche Traction Management (PTM) nutzt die konzeptionellen Vorteile des vollelektrischen Antriebs. Analog dem Taycan wird der vollelektrische Macan über ein Allrad-Konzept mit je einer Elektromaschine pro Achse verfügen. Die beiden E-Motoren ermöglichen eine schnelle und präzise Allradregelung und eine voll variable und – abhängig vom gewählten Fahrprogramm und von der jeweiligen Fahrsituation – bedarfsgerechte Momentenverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse. Davon wiederum profitiert einerseits die Lenkfähigkeit und die Seitenführung der Vorderachse und anderseits die Traktion als Grundlage für das Porsche-typisch vorhersehbare Fahrverhalten bei hoher Agilität. Auch abseits befestigter Straßen profitiert der Macan von der optimierten Allradverteilung des elektronisch geregelten Allradantriebs.
Zugleich ermöglicht dieses Packaging erstmals auch beim Macan den Einbau einer Hinterachslenkung. Sie hebt einen alten Zielkonflikt auf und kombiniert Agilität im Stadtverkehr mit Stabilität und Fahrpräzision auf der Autobahn.
Bei Geschwindigkeiten bis etwa 80 km/h lenken die Hinterräder entgegengesetzt zu den Vorderrädern ein. Der Lenkeinschlag an der Hinterachse beträgt dabei bis zu fünf Grad. Diese virtuelle Verkürzung des Radstands bewirkt ein dynamischeres Einlenkverhalten in Kurven. Zugleich fällt das Rangieren leichter, denn der Wendekreis verringert sich um etwa einen Meter. Bei Geschwindigkeiten oberhalb von rund 80 km/h lenken die Hinterräder gleichsinnig zur Vorderachse ein. Die Folge: eine virtuelle Radstandverlängerung und damit eine nochmals erhöhte Fahrstabilität, etwa bei Spurwechseln auf der Autobahn.
Mit der Hinterachslenkung geht eine um 15 Prozent direktere Lenkübersetzung an der Vorderachse einher. Die Vorderachslenkung wird bereits in der Basis-Version kompromisslos Porsche-typisch ausgelegt und bietet bei allen Lenkmanövern höchste Präzision. Kombiniert mit hoher Stelldynamik bewirkt dies eine optimale Dosierbarkeit. Der hausintern entwickelte Unterstützungskraftregler erkennt und verstärkt für den Fahrer wichtige Lenkinformationen wie Oberflächenbeschaffenheit der Straße und Haftungszustand der Reifen. Störende Schwingungen und Stöße werden hingegen eliminiert und nicht zum Lenkrad übertragen. So entsteht für den Fahrer ein klares, völlig transparentes, Porsche-typisches Lenkgefühl.
Die elektronische Dämpferregelung PASM (Porsche Active Suspension Management) ist beim vollelektrischen Macan mit der Luftfederung kombiniert, lässt sich aber auch bei der Stahlfederung ergänzen. Das System reagiert auf dem Zustand der Fahrbahn, aber auch auf Fahrgeschwindigkeit, Längs- und Querbeschleunigung, Gaspedalmodulation, Lenkverhalten und die Niveaulage des Fahrzeugs.
Neu im PASM des künftigen Macan werden die Zweiventil-Dämpfer sein. Sie bieten zum einen mehr Performance durch eine deutlich größere Spreizung des Dämpferkennfelds. Zum anderen lassen sich Zweiventil-Dämpfer unabhängig voneinander abstimmen, was den Komfort merklich erhöht. Durch diese Vielseitigkeit werden die Unterschiede zwischen den Fahrprogrammen noch besser erlebbar. So erhält jedes einzelne Fahrprogramm beim künftigen Macan eine eigene Niveaulage. Abhängig von der Geschwindigkeit kann die Karosserie in Verbindung mit der Luftfederung zudem abgesenkt werden, was über die dann verbesserte Aerodynamik der Reichweite zugutekommt.
Typisch Porsche ist der künftige vollelektrische Macan auch beim Rad-Reifen-Szenario: Dies zeigt sich insbesondere bei der Mischbereifung, die noch ausgeprägter sein wird als beim aktuellen Modell: Die Reifenbreiten an Vorder- und Hinterachse unterscheiden sich noch deutlicher voneinander, um der hecklastigen Gewichtsverteilung gerecht zu werden – für mehr Grip und Fahrdynamik. Weiteres Performance-Potenzial ergibt sich durch die Radgrößen von bis zu 22 Zoll.