Die Lichttechnologie entwickelt sich rasant. Um ihr Potenzial optimal auszuschöpfen hat Porsche einen neuen Lichtkanal konzipiert. Nach rund dreijähriger Bauzeit nimmt dieses hochmoderne Entwicklungsinstrument zum Jahreswechsel seinen Betrieb auf. Der Lichtkanal schließt unmittelbar an das Designstudio im Weissacher Entwicklungszentrum an. Das Gebäude mit rund 2.300 Quadratmetern Grundfläche ist eineinhalbgeschossig aufgebaut. Im Zwischengeschoss ist eine Prüfanlage für automatische Testverfahren gesetzlich vorgeschriebener Lichtmessungen sowie ein Lager für Musterscheinwerfer vieler Porsche Fahrzeugmodelle untergebracht. Der vordere Bereich des neuen Gebäudes dient zur Vorbereitung der Erprobungen. Hier werden die Fahrzeuge in einer Schleuse gegebenenfalls von Schnee und Eis befreit. Bei Bedarf können hier auch die Scheinwerfer getauscht werden. Zur unabhängigen Messung der Lichtstärke und Lichtverteilung von Scheinwerfern ist außerdem ein Analyse- und Prüflabor im Gebäude integriert.
Herzstück der Anlage ist eine 100 Meter lange und 15 Meter breite Prüfstrecke. Sie ermöglicht es den Entwicklern und Designern erstmals zu jeder Tages- und Nachtzeit wetterunabhängig unter stets gleichen Bedingungen Lichtsysteme zu prüfen und abzustimmen. Die Tests können beispielsweise von einer einfachen Musterpräsentation eines Scheinwerfers durch ein Aufstellmuster bis hin zur einer Gegenverkehrssituation im Straßenverkehr reichen. Dazu ist die 100 Meter lange Asphaltstrecke zweispurig ausgeführt. In einer gestellten Situation kann die Blendung des Gegenverkehrs damit schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Lichtentwicklung erkannt werden. In einem weiteren Szenario stehen beide Fahrzeuge nebeneinander am Anfang der Messstrecke – so ist ein direkter Vergleich von Leuchtweite, illuminierte Fläche und Leuchtgrafik möglich.
Zwei mobile Faltwände zur lichttechnischen Abtrennung ermöglichen eine Unterteilung der Prüfstrecke in bis zu drei einzelne Abschnitte. So können die Experten unabhängig voneinander verschiedene Beleuchtungssituationen – beispielsweise von Frontscheinwerfer und Heckleuchten beurteilen. Beim ersten Segment ist zudem eine mobile Zehn-Meter-Leinwand verbaut, diese ermöglicht die Darstellung und Bewertung von Lichtverteilungen. Das Fahrzeug steht dabei auf einer sehr genau nivellierten Fläche, um beispielsweise Einflüsse des Fahrzeugniveaus durch Luftfederung oder Beladung untersuchen zu können.
Besonders glatte Wände und Decke für unverfälschte Lichtverteilung
Boden, Wände und Decken des neuen Lichtkanals sind speziell auf den Einsatzzweck abgestimmt. Dabei sind Wand und Deckenbereiche dunkelgrau gehalten und farblich homogen über die gesamte Strecke ausgeführt. Dies ist eine Grundvoraussetzung, um die exakte Lichtverteilung hochauflösender Scheinwerfer festzulegen und überprüfen zu können. „Unebenheiten, Reflexionen oder farbliche Abweichungen verfälschen unweigerlich das Ergebnis“, sagt Steffen Poganatz, der Gesamtprojektleiter des Bauvorhabens. Deshalb sind auch die Wände mit einer matten Farbe beschichtet und besonders glatt verputzt, da bereits eine Unebenheit von wenigen Millimetern im Licht sichtbar wäre. Die vier Meter hohe Decke ist ebenfalls reflexionsarm gestaltet.
Die optimale Umgebung hilft auch dabei, Abweichungen in der Lichtstärke einzelner LED in einem Matrixscheinwerfer zu erkennen. Solche Fertigungstoleranzen lassen sich durch eine angepasste Ansteuerung weitgehend ausgleichen. „Insbesondere in Kurvenfahrten können sich solche Abweichungen in Form von Auffälligkeiten im Lichtteppich bemerkbar machen“, erklärt Markus Heinrich, Fachreferent Frontbeleuchtungssysteme.
Der Lichtkanal verbessert und verkürzt Entwicklungsmöglichkeiten und -zeiten für komplexe Lichtsysteme erheblich. Bisher mussten die Entwickler auf den Einbruch der Dunkelheit warten, um Lichtsysteme zu begutachten oder zu vergleichen. Insbesondere in den Sommermonaten bedeutete dies meist Nachtarbeit. Die Ergebnisse waren nur bedingt vergleichbar: „Nässe, Beschaffenheit des Asphalts oder Umgebungsbeleuchtung beeinflussen den Eindruck ebenfalls wesentlich,“ beschreibt Jörg Biegling, Sachgebietsleiter Erprobung und Integration Lichtsysteme.